Astrid Petermeier

Neues aus dem Rührgebiet

Der Löwe von Löttringhausen

Eine Solar-Astrostory für Peter Panski zum 65. Geburtstag

Ein Solarhoroskop wird auf den Zeitpunkt berechnet, zu dem die Sonne justamente an dem Punkt steht, an dem sie zur Geburt stand. Das kann durchaus mal am Tag vor oder nach dem Geburtstag sein. Es stellt kein komplett neues Horoskop dar, sondern gibt ein wenig Auskunft darüber, was die Aufgabe oder Atmosphäre des kommenden Jahres ausmacht (AC), in welchem Bereich der/die Betreffende glänzen, sich wohl fühlen kann (Hausstand der Sonne) und welche Ziele er/sie anstreben kann (MC).
Peter hätte um nichts in der Welt sagen können, warum es ihn am Montag, den 30.1.2017, so zwingend nach Paris gezogen hatte. Galt es nicht, sich langsam auf seinen Geburtstag vorzubereiten? 65 war mal eine Hausnummer und die Party längst geplant. Aber ach, Peter wusste nicht, was er wollte. Was er hatte, war alles gut und schön, sein Leben als Architekt und EU-Parlamentarier war erfolgreich. Doch das kannte er bestens, genau, bis ins Detail. Mal was Neues, was Ungewöhnliches, was Verrücktes – danach stand ihm der Sinn. Als ihm aus einem Grund, den er nicht benennen konnte, auf einmal „Paris“ durch den Kopf geschossen war, hatte er sich kurzerhand in den Zug gesetzt. Nun hockte er in einem kleinen Café an der Seine, schlürfte Pastis und amüsierte sich bei der Vorstellung, wie sich zu Hause alle fragten, wo der olle PP am Vorabend seines Geburtstags wohl abgeblieben war.

Es passte ihm nicht sonderlich, als sich ein rundlicher Glatzkopf ungefragt zu ihm setzte, sollte sich aber als sein Glück erweisen. Denn als er zahlen wollte, war sein Portemonnaie weg, futschikato, unauffindbar. Grrrr, die kleinen Bengels am Gare de l’Est – hatten sie ihn also doch beklaut!
„Ich habe heute meinen Großzügigen“, lachte der Glatzkopf ihn an. „Gestatten: Onkel Jupp. Du bist eingeladen.“
Aha. Deshalb sprach der Typ deutsch. Ein Ruhrie, unverkennbar. Die duzten fast jeden. Peter zog es vor, ihm nicht mitzuteilen, dass auch er dort zu Hause war. Der Kerl hatte zwar die Spendierhosen an, war ihm aber nicht ganz geheuer.
„Schalke oder BVB? Wenn du ein Blauer bist, musst du heute allein blau werden.“ kalauerte er nun.
Nicht ganz geheuer? Unheimlich war der passendere Begriff. Woher wusste er um Peters Liebe zum BVB?
„Beim Jupiter, raffst du es nicht? Ich bin Onkel Jupp und hocke genau auf deinem Solar-AC. Da muss ich dir in diesem Jahr wohl ein bissken auf die Sprünge helfen.“
Peter verstand nur Bahnhof. Wo hockte der Kerl? Solar-WC? Gab es sowas?
„AC.“ verbesserte Onkel Jupp. „Durchaus solarbetrieben, höhö, jau, dat kann man so sagen. Damit es auch ein Sozi wie du versteht.“
AC oder WC, das war für Peter Jacke wie Hose. Für ihn hockte der Kerl in erster Linie auf einem Pariser Caféhausstuhl (und dies hoffentlich ohne Gang). Onkel Jupp bestellte noch eine Runde Pastis, weil er meinte, dass sie bis fünf vor elf noch genug Zeit hätten, die Sache mit dem Solar-AC zu klären.
„Lobbyist.“ dachte Peter. Irgendeiner, der Solar-Anlagen verkaufen wollte und sich an ihn als EU-Mann heranwanzte. Mar-Gott, jetzt verfolgten einen diese Typen schon bis nach Paris. Peter betrachtete Onkel Jupp:
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Sah er für einen Lobbyisten nicht etwas zu glückselig, zu optimistisch, zu gutmütig aus? Wenn er PPs Stimme haben wollte, musste er sich schon mächtig was einfallen lassen, freute sich Peter leise.
„Einmal jährlich kehrt die Sonne an genau den Punkt zurück, auf dem sie stand, als du geboren wurdest. In deinem Fall sind das 11 Grad und 15.04 Minuten im Zeichen Wassermann.“ salbaderte der Grinsekerl auf ihn ein.
Also doch Wasserclosetts. Peter sah sich schon eine Vorlage zur Einführung solarbetriebener öffentlicher WCs im gesamten EU-Raum einbringen. Er war gespannt, was dieser skurrile gemütliche Typ dafür tun würde und beschloss, sich einen großen Jux aus der Sache zu machen. Onkel Jupp fuhr unbeirrt fort.
„Im Jahre 2017 wird das heute Abend um 5 vor Elf stattfinden. Das wäre dann dein Solar-Geburtstag.“
„Prost.“ meinte Peter, hob sein Glas und fügte „huch, ist ja leer“ hinzu.
Onkel Jupp bestellte sogleich weitere Pastis und bat den Garcon, die Flasche einfach da zu lassen.
Nach einer Weile fühlte sich Peter bestens beduselt. Nur noch am Rande nahm er war, wie der seltsame Lobbyist von der Sonne im 4. Solarhaus, von der Himmelsmitte und von jeder Menge Uran auf dem Mond erzählte.
In Peters Augen passte Uran auf dem Mond in keiner Weise zu solarbetriebenen Closetts. Kam der nun von der Solar- oder von der Atomindustrie? Ach, wen juckt’s?, dachte er sich. Erstmal sollte der Kerl für ihn das Unmögliche möglich machen. Und da ihm das kaum gelingen würde, wäre er ihn um 5 vor 11 auch spätestens wieder los und könnte gemächlich nach Hause fahren.

„In den Louvre?“ staunte Onkel Jupp.
„Genau.“ feixte Peter und freute sich diebisch. Fast alle Museen der Welt hatten montags geschlossen und mit der Uhrzeit setzte er noch eins drauf.
„Wenn ich um 5 vor 11, also in einer halben Stunde, vor der Venus von Milo stehe, bringe ich sogar Beppe Grillo dazu, sich für deine solarbetriebenen Wasserclosetts die Lunge aus dem Hals zu brüllen.“
Onkel Jupp tat so, als habe er noch nie von Beppe Grillo gehört, was Peter für einen geschickten Schachzug hielt. Allerdings meinte er, bestens verstehen zu können, warum Peter unbedingt mit der Venus sprechen müsse, die ja schließlich die Herrscherin seines Solar-Waage- ACs sei.
Sie brachen überstürzt auf, nicht jedoch, ohne den Pastis mitzunehmen. Peter versuchte in der Metro, sich seinen Reim auf Onkel Jupps Gebrabbel zu machen.
W wie Waage ergab in Kombi mit Solar-AC, BC oder CC – ihm doch egal! – immer noch solarbetriebene WCs.

Sehr zu Peters Freude war der Louvre bestens bewacht, von bewaffneter Polizei vor Terroristen geschützt. Die Chance, mitten in der Nacht dort hineinzukommen, war gleich Null.
„Null“, sagte auch Onkel Jupp, hing aber „Problemo“ hintan und hielt nach einer hübschen Polizistin Ausschau. Peter beschwerte sich: die konnte er als Venus von Milo wahrlich nicht durchgehen lassen.
„Wir müssen uns verwandeln, um die Dame soweit zu becircen, dass sie uns mit hineinnimmt,“ beharrte Onkel Jupp.
„Du meinst, wie Zeus? In den Stier, der die Europa trug?“
Peter wollte Onkel Jupp vereimern, was jedoch gehörig misslang.
„Bist du des Wahnsinns? Wenn wir hier als Stier rumrennen, knallen sie dich sofort ab und begründen es später damit, dass du ein islamistischer Ochse gewesen wärst. Nee, wir brauchen was Besseres.“
„Wie wär’s mit Wassermann? Das bin ich doch schon.“
Er konnte gerade noch ein erleuchtetes Lächeln auf Onkel Jupps Gesicht wahrnehmen, als ein Regen allererster Güte niederging. Es regnete so plötzlich und so unsäglich, dass die Polizistin, die Onkel Jupp im Auge hatte, pitschepatschenass bis auf die Haut wurde und sich in ihrer nächsten Pause in der Damentoilette des Louvre trocknen und umziehen musste. Peter war es, als wabere er mit ihr hinein.
„Was war das denn?“ erkundigte er sich, als er realisierte, dass sie wirklich im salles des dames des Louvre standen und Onkel Jupp der Polizistin hilfreich den BH aufhakte.
„Wassermann.“ flüsterte der grinsend. „Ich war der Regen, du der Nebel. Beides zu dieser Jahreszeit keineswegs verdächtig oder ungewöhnlich. Wenn du dich jetzt zu deiner Milo-Venus verfügen würdest, kann ich unsere Polizistin aufwärmen, bevor sie dich erschießt.“

Peter schlich aus der Damentoilette. Kaum, dass er sich von dem Schock erholt hatte, vernahm er, wie sie sich lauthals und ordinär beschwerte.
„Na endlich! Ich wusste doch, dass PP über ausreichend Vitamin B verfügt, um auch Montag nachts in den Louvre zu kommen. Wenn du mir jetzt endlich von diesem dösigen Sockel runterhilfst, verzeihe ich dir glatt, dass du die ganze Zeit auf meine Melonen stierst.“
Venus_de_Milo_Louvre_kleinPeter sah ein, dass es der armlosen Skulptur, die langsam Fleisch wurde, schwerfiel, ohne Hilfe vom hohen Sockel zu klettern. Er fasste sie bei den Hüften und hob sie mit einem Schwung hinunter.

„Du hast mich also erwartet?“ fragte er ungläubig.
„Logisch! Bist du nicht nach Paris gekommen, um mir zu begegnen? Ich hätte von einem Politiker allerdings gedacht, dass er früher dran ist, um ein paar Aufwärmgespräche zu führen.“
Da das Aufwärmen gerade Onkel Jupps Sache war, sah Peter auf seine Armbanduhr. 22 Uhr 55. Sein sogenannter Solargeburtstag.
„Siehst du, welches Zeichen jetzt gerade im Osten aufgeht?
Pling, schon hatte die Venus einen Tierkreis an die Decke gezaubert – einen, den sogar Peter lesen konnte. Nicht, dass er an Astrologie glaubte oder gar im Entferntesten daran dachte, sein Hiersein könne etwas mit den Sternen zu tun haben. Aber die Venus von Milo hatte das Zeichenindex
Miniwaagedurch eine allseits gebräuchliche Badezimmerwaage ersetzt, die freundlicherweise nicht auch noch sein Gewicht anzeigte. Gleich daneben projizierte sie ein Filmchen, auf dem er sehen konnte, wie er am Gare de l’Est bestohlen wurde. Danke, er hätte auch so gewusst, was sie mit Osten meinte.
„Das Zeichen Waage bildet in diesem Jahr den AC deines Solarhoroskops. Du bist gekommen, weil ich dir ein paar Hinweise geben soll, was du damit anfangen kannst.“

Galt die Venus von Milo nicht als Inbild der Anmut, Grazie, Lieblichkeit? Solange sie auf ihrem Sockel gestanden hatte, hätte Peter dem zugestimmt. Nun aber fleezte sie sich breitbeinig auf ein Ungetüm, das mit weißem Tuch verhüllt war, steckte sich eine Gitane Mais an und sprach mit der Stimme einer Frau, die nicht nur diese längst vom Markt verschwundenen Kippen schätzte. Das machte Peter mutig.
„Du bist also sowas wie mein astrologischer Erklär-Bär? Dann lege mal los.“
„Von wegen! Glaube ja nicht, dass ich dich hier nur konsumieren lasse. Was fällt dir ein, wenn du an Waage denkst?“
Verdammt! Natürlich fiel ihm Justitia ein. Wollte sie ihm auf diese zarte Weise nahelegen, dass man ihn vor Gericht zerren würde? Für einen Einbruch in den Louvre, zu dem ihn ein wollüstiger Lobbyist verführt hatte?
„Justitia, mein Bester, hält eine Waage hoch, um die Harmonie, die verletzt wurde, wieder herzustellen. Zugegeben, das ist in den letzten Jahrhunderten ein wenig in Vergessenheit geraten. Wie ist es denn um die Harmonie in deinem Leben bestellt?“
Mar-Gott, was für Fragen stellte diese Tussi?
Um sie abzulenken, zog Peter die Flasche Pastis aus der Jackentasche, die ihm Onkel Jupp beim plötzlichen Aufbruch hineingesteckt hatte. Man weiß nie, wofür der Rest noch gut ist, waren seine Worte gewesen. Jetzt wusste Peter es. Er konnte sich großzügig zeigen. Venus grinste breit, wobei er feststellen durfte, dass sie mindestens 1000 Jahre nicht mehr beim Zahnarzt gewesen war.
„Das ist schon mal ein guter Anfang für unsere Begegnung.“
Mit einem großen Lunk leerte sie die Flasche – Gerechtigkeit war bei ihr wohl eine Sache für sich. Der Inhalt erinnerte sie an ihren geliebten Ouzo, also an Griechenland, also an ihre Aufgabe als Göttin und Herrscherin des Sternzeichens Waage.
„Pass auf: Der AC eines Solarhoroskops stellt dir sowas wie eine Aufgabe für das kommende Lebensjahr. Oder sagen wir: er beschreibt die Atmosphäre.“
„Du meinst, ich soll für Harmonie sorgen?“
Die Venus fiel vor Lachen fast vom weißverhüllten Ungetüm.
„Saustark!“ jappste sie. „PP als Harmoniker! Das will ich sehen. Aaaber: ja! Wenn du es so verstehst, kannst du das tun. So ein Horoskop ist ja keine Glaskugel, in der ich deine Zukunft sehen kann. Es besteht aus Anlagen und Möglichkeiten. Was du daraus machst, liegt an dir.“
„Hat die Waage auch noch mehr auf der Pfanne als Justitia und Harmonie?“ Peter passte sich ihrem Jargon an. Sie sollte unbedingt verstehen, dass er es schätzte, die Auswahl unter allerhand Möglichkeiten zu haben.
„Klaro, sie ist das Zeichen der Begegnung.“
„Die Begegnung mit dir und Onkel Jupp reicht mir für’s Erste.“ schoss es Peter durch den Kopf. Wieder hatte sie gehört, was er dachte.
„Begegnung mit Anderen heißt auch, sie wahrzunehmen. Du aber erkennst das, was meine Schönheit ausmacht, nur, wenn ich auf dem Sockel rumskulptiere. Ästhetik, Kultur, die schönen geistigen Dinge des Lebens gehören ebenso zu den Aufgaben der Waage wie die offene Begegnung mit anderen – egal, ob sie schlechte Zähne haben oder Gitanes rauchen.“
Peter überlegte, ob es beruflich für ihn irgendeinen Anlass gab, den Bau eines Museums zu forcieren oder zur Literaturförderung beizutragen (Literatinnen hatten doch meistens schlechte Zähne und qualmten wie die Ketzer!) oder vielleicht ein Filmfestival zu unterstützen – nee, vom Film ließ er besser die Finger, daran waren schon gestandene Bundespräsidenten gescheitert.
„Ein Museum mit solarbetriebenen Wasserclosetts für Löttringhausen.“ murmelte er. Er war Onkel Jupp etwas schuldig – hatte der nicht wider Erwarten das Unmögliche möglich gemacht? Gnade, wie sollte er ihr nun erklären, wer Onkel Jupp war?
„Das weiß ich längst, wir sind verwandt. Onkel Jupiter liebt es, wie sein Vorgänger Zeus in immer anderen Gestalten aufzutreten. Sei froh, dass er so nah an deinem Solar-AC steht, denn der Alte ist großzügig bis zur Ausschweifung. Vor allem aber ist er dafür zuständig, dich auf die Sinnsuche zu schicken. Wenn du dich wirklich um Harmonie und Kultur bemühen möchtest, solltest du nach dem tieferen Sinn der Sache fragen.“
Har, har! Als ob er das nicht längst täte! Doch in dieser Welt mit all‘ ihren aberwitzigen Ereignissen, mit ihren Kriegen und Katastrophen, Le Pens und Brexits, den Flüchtlingen und der Hybris frönenden Politikern, kostete es oft mehr Kraft, den Sinn seines Tuns zu ergründen, als Peter zur Verfügung stand.

„Dann müssen wir nachsehen, wo du Kraft finden kannst.“ kicherte die Venus und drehte die Pastisflasche um. Leer! Sie lupfte ein wenig von dem weißen Tuch über dem Ungetüm, das ihr als Sitz diente. Eine goldene Pranke blitzte hervor.
„Es sollte ein Bereich sein, auf dem du glänzen kannst, wenn du deine Kraft entfaltest.“
Auch wenn er diese ganze Veranstaltung für höheren Humbug hielt, war Peter nun doch gespannt. Garantiert kam jetzt etwas ganz Außergewöhnliches.
„Zuhause.“ sagte die Venus.
„Zu Hause?“ hatte Peter etwa den weiten Weg nach Paris genommen, um eine derart banale Antwort zu kriegen?
„Ich sagte Zuhause, nicht zu Hause. Denn gemeint ist der Lebensbereich, der mit Wurzelnschlagen zu tun hat. Was ist das für dich?“
„Patricia!“ kam es wie aus der Pistole geschossen. Das freute die Venus so sehr, dass sie lächelnd schwieg. Was Peter wiederum als Aufforderung zum Nachlegen verstand, denn er war sich – wie alle Ehemänner – nicht sicher, ob er für seine Patricia noch so glänzte, wie er es gern würde.
„Die Partei.“ er musste etwas Besseres finden, denn die Venus blies ihm gelangweilt ihren Rauch ins Gesicht.
„Mein Dortmunder Wohn-Projekt.“
Nun sprudelte es aus ihm heraus: ob es wohl eine harmonische, gerechte und ästhetische Sache wäre, wenn er die Wohnungen dieses großen Projekts mit glänzenden, solarbetriebenen Wasserclosetts…
„Laaaangsam!“ ging die Venus dazwischen. „Nimm dir Zeit, zu erfühlen und zu überlegen, was Zuhause, Heimat, Wurzeln für dich bedeuten. Es wird der Bereich sein, der dir im kommenden Jahr Kraft gibt. Wer oder was es genau ist, musst du schon selbst wissen.“
Alles, was er in diesem Moment wusste, war, dass er die Un-Eindeutigkeit der Astrologie zum Kotzen fand. Wissenschaftler waren ihm lieber, die gaben wenigstens klare Antworten – oder?
„Es ist mit der Astrologie wie mit der Politik.“ kicherte die Venus.
Pah! Da kannte Peter sich aus. Er baute sich vor der Venus von Milo auf, was kein Leichtes war, da sie schon als Skulptur eine Größe von 2,02 Meter erreichte und weich, also Fleisch geworden, ihn sogar sitzend überragte.
„Kokolores!“ trotzte er trotzdem.
„Ist nicht in der Politik auch jeder für sich und das, was er tut, verantwortlich?“ gab sie zurück.
„Na, jedenfalls sollte es so sein. Eins zu Null für dich.“

„Prima, dann hätten wir ja das Wichtigste geklärt. Wenn du mir jetzt bitte wieder auf den Sockel helfen würdest? Gleich kommt die Frühschicht der Wärter.“
Peter erschrak und dies doppelt. Erstens: die Venus hatte noch kein Wort darüber verloren, wohin das alles führen würde. Zweitens: wo sollte er hin, wenn er nicht erwischt werden wollte?
„Kerlokiste, für den Sinn der Sache ist Onkel Jupp zuständig, sagte ich doch. Nun mach schon, mir fehlen nicht nur die Arme. Mit den Füßen habe ich’s auch nicht so. Aber du wirst als Kunstschänder vor deine Justitia gezerrt, wenn ich nicht in fünf Minuten auf meinem Sockel stehe.“
Was blieb ihm? Er hörte die Wärter bereits kommen, einander Witze über blitzeblaue Montage erzählend. Ratzfatz hob er die Venus auf ihren Sockel. Bevor sie sich umdrehte und wieder zu Stein wurde, OLYMPUS DIGITAL CAMERAkniff sie ihm noch ein Auge zu und deutete mit dem Kopf auf das verhängte Ungetüm.
Das war’s! Die Rettung! Peter schlüpfte unter das weiße Tuch, warf einen letzten Blick auf die Venus BILD und harrte der Dinge.

„Das war knapp.“ vernahm er eine ihm wohlbekannte Stimme.
„Vor allem ist es eng.“ zischte Peter Onkel Jupp zu. „für einen Goldlöwen, mich und dich unter einem Tuch.“
„Zieh den Fuß ein. Sie kommen gleich und schieben uns in die Restaurierwerkstatt.“
Peter zog den Fuß ein und betete, dass ihnen in der Restaurierwerkstatt etwas einfallen mochte.
„Darf ich vorstellen? MC.“ Onkel Jupp sprach die Buchstaben englisch aus, wie das Kürzel eines Rappers. Wer sollte MC sein?
„Der Löwe. Das Kürzel ist ihm lieber, weil kaum einer Medium Coeli richtig ausspricht.“
Und schon ging es los. Zwei Wärter wollten den Löwen auf eine Palette hieven.
„Sag mal, ist unser Köli über Nacht schwerer geworden?“ fluchte der eine.
MC fuhr seine Krallen aus und zwackte Peter in den Allerwertesten. Co-eli, flüsterte der, um zu beweisen, dass er es konnte. Onkel Jupp hielt ihm den Mund zu.
Die Palette mit dem tuchverhangenen Löwen, Onkel Jupp und Peter kam auf einen Gabelstapler, der sie ruckelnd durch den halben Louvre bugsierte. Peter war froh, noch nicht gefrühstückt zu haben. Als es beißend nach Terpentin und Ähnlichem roch, war die Fahrt zum Glück beendet.
„Restaurator müsste man sein.“ meckerte einer der Wärter. „Die arbeiten, wann sie wollen. Wetten, dass unser Köli noch in einer Woche hier rumsteht?“
Eine Tür knallte zu, sie waren allein mit MC.
„Am MC, der Himmelsmitte, findest du das Zeichen, das ein wenig über die Ziele deines Lebensjahres erzählt.“
Peter sah den Löwen an. Oh, was für eine traurige Gestalt! Das Blattgold machte seinem Namen alle Ehre: es blätterte und zwar ab. Darunter kam keineswegs edles Metall zum Vorschein, sondern billiger Gips, der eine einstmals stolze Mähne zur fransigen Kurzhaarfrisur bröseln ließ. Es juckte Peter in den Fingern, diesem Löwen wieder Glanz und Würde zu verleihen. Sagten die Wärter nicht, dass die Restauratoren erst spät zur Arbeit kämen? Er sah sich um, entdeckte alles, was ein kleiner Künstler braucht.
Nur eine Frage war noch nicht gelöst: wie sollten sie nach getaner Tat unentdeckt aus der Restaurierwerkstatt kommen?
„Wir warten, bis der Louvre öffnet.“ schlug Onkel Jupp vor. „Dann schlüpfen wir einfach durch die Tür und mischen uns unter das Publikum.“
Wie schön, dass er sich nicht wieder in Nebel oder Regen verwandeln musste.

Als er am 1. 2. 2017 pünktlich zu seinem „richtigen“ Geburtstag in Dortmund anlangte, fühlte er sich so lebendig wie schon lange nicht mehr. Denn es stand längst in allen Zeitungen:

„Heimliche Kreative im Louvre

Eine bis dahin als wertlos erachtete Kopie des von Vandalen zerstörten Löwen von Löttringhausen wurde von Unbekannten zu neuem Glanz gebracht. Die Gipskopie erstrahlt nun in Schwarz-Gelb, verfügt über eine Lametta-Mähne und besticht durch das Nuckeln an einer Pastisflasche, die mit LAIT DU MILO beschriftet ist. Aus diesem Grunde hat die Museumsleitung beschlossen, sie für ein Jahr neben der Venus von Milo auszustellen.“

PeterPanskiSolarPeter Panskis Solarhoroskop 2017

ABSPANN – in order of appearance:
Laufender Uranus in Konjunktion zum Radix-Mond – – – innere Spannung: ich weiß nicht, was ich will, aber es soll etwas Besonderes sein

Neptun-Transit über 2. Radix-Haus – – – kleine Bengels vom Gare de l’Est oder: Geld kommt und geht

Jupiter am Solar-AC  – – – Onkel Jupp, dessen Spendierhose ganz weit
offen steht, wenn er auf Sinnsuche geht

Radix-Neptun in Konjunktion zum Solar-AC – – – solarbetriebene Wasserclosetts? Oder: manchmal herrscht Verwirrung

Solar-AC Waage  – – – Venus von Milo oder: Begegnung, Harmoniebedürfnis, Ästhetik und Gerechtigkeit

Sonne im 4. Solar-Haus – – – Der Bereich auf dem ich glänzen kann, hier: das Zuhause (4. Haus), was immer man als solches empfindet

Solar-MC im Löwen – – – Das Ziel der Übung: Lebendigkeit, Kreativität, Spielen, König sein

Buch und Idee – – –  Astrid Petermeier

Regie- – –  der Kosmos und Peter Panski

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