Astrid Petermeier

Neues aus dem Rührgebiet

Eine Reise zu den Sternen der Nordstadt: SATURN & BVB

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Lange habe ich überlegt, wen oder welchen Ort ich zu meinem Nordstadt-Saturn erklären könnte.

Wer gibt diesem Teil der Stadt Struktur und Form? Wer kann hier richtig mauern? Wer frisst wie der mythologische Saturn seine Kinder?

(Klaro, da käme durchaus das Arbeitsamt in Frage, heutzutage Jobcenter = schlecht bezahlte Jobs fressen gute Arbeitsstellen auf.)

Als aber der BVB ein Spiel nach dem anderen verlor, kam der Astrologin Astrid die Idee, mal nachzusehen, was der Kollege Saturn gerade mit dem Verein veranstaltet, an dem man besonders in der Nordstadt stabil festhält, wenn alles andere den Bach abgeht.

Und siehe da: Schwarz, die Farbe Saturns, hockt mitten auf Gelb, der Farbe (nicht nur) der BVB-Sonne. Da kriegt einer gewaltig die Flügel gestutzt!

Ein Geburtshoroskop für einen Fußballverein? Aber ja doch, wenn sich Geburtsdatum, -ort und –uhrzeit ermitteln lassen:

O-Ton BVB.de: „Tumultartige Szenen spielten sich gestern abend anläßlich der Gründung des „Ballspiel-Vereins Borussia 1909“ im Dortmunder Nordosten ab. Über 40 Mitglieder der Jugendgruppe der katholischen Dreifaltigkeitsgemeinde, Flurstraße, trafen sich um 19.00 Uhr im Restaurant „Zum Wildschütz“, Oesterholzstraße 60, um aus Liebe zum Fußballsport und aus Verärgerung über Kaplan Hubert Dewald, bei „Dreifaltig“ für die Jugendarbeit zuständig, den „BVB“ zu gründen. Franz Jacobi, Sprecher und Vizepräsident des neuen Vereins: „Seit 1902 bin ich Mitglied der Dreifaltigkeits-Jugend, seit 1906 spielen wir Fußball auf der „Weißen Wiese. Wir Fußballer werden seit 1906 systematisch von unserer Kirche bekämpft und diffamiert. Das können wir nicht länger hinnehmen. Die Vereinsgründung ist zwingend“.Spieler_BVB_mit_Jacobi_oben_mit_Sohn_Kopie 

„Auch wenn das Horoskop für 19.09 Uhr gefällt, ist es eher unwahrscheinlich, dass im Verlauf der offenbar sehr turbulenten Sitzung tatsächlich schon um 19.09 Uhr der Gründungsakt vollzogen war. Eine Uhrzeit um 20 Uhr herum ist sehr viel wahrscheinlicher.“ schreibt die Bochumer Astrologin Monika Heer und setzt 20.09 Uhr als Geburtszeit an. So sieht es dann also aus, das Horoskop unseres BVB:

bvbradix

(ich habe jetzt mal die Zeichnung für Nicht-Astrologen gewählt: Saturn findet ihr neben Mars im Widder)

Was für ein feines Geburtshoroskop für einen Fußballverein:

-kommt durch die Tür (AC) wie ein Löwe,

– hat ein Selbstverständnis, das vor Optimismus, Großzügigkeit nur so strotzt – bis hin zum Mund-zu-voll-nehmen (Sonne im Schützen)

– geht im Sturm ran wie Blücher (Mars im Widder),

– wird unterstützt von außergewöhnlich originellen Fans (DC Wassermann),

– denn das Ziel ist es, sich durchzusetzen (MC im Widder)

Das Geburtshoroskop beschreibt Potentiale, Talente, die „Persönlichkeit“ des Vereins. Planeten haben jedoch die Eigenart, weiter durch’s All und den Tierkreis zu ziehen und dabei rhythmisch über Positionen zu laufen, die sie und ihre Kollegen zur Geburtszeit einnahmen (das sind die astrologischen Transite, die nicht zwingend mit Fußball-Transfers zu tun haben). Auf diese Weise zeigen sie Probleme und Aufgaben an, die aktuell anstehen. Allerdings sind weder ein Mensch noch ein ganzer Fußballverein dem Planetenvolk hilflos ausgeliefert oder werden von ihnen ferngesteuert. LÖSEN müssen wir unsere Aufgaben jeweils selbst.

Auch für den BVB gibt es also Jahre wie dieses: nach sensationellem Saisonstart zieht am 14. September 2017 urplötzlich jemand die Handbremse und lässt sie so schnell nicht wieder los. Jepp, im September kam Saturn ins Spiel – diesmal allerdings nicht als Verteidiger (was bei Fußballspielen seine Aufgabe wäre), sondern als gestrenger Prüfer (= sein Job, wenn er im Transit über das Geburtshoroskop unterwegs ist). Er stellte sich erstmal ins Quadrat zur Gefühlswelt des BVB und seiner Fans: Feierabend mit dem Schwimmen auf der großen Welle (Saturn im Quadrat zum Fische-Mond).

„Von nun an ging’s bergab.“ hätte Hildegard Knef das kommentiert, was dem BVB von September bis jetzt bevorstand. Von Spiel zu Spiel wurde es schlimmer, denn Saturn hatte es nicht mehr weit. Am 23.11.17 hatte er die BVB-Sonne erreicht, was sich schon einige Tage früher anfühlte, als habe einer den Berufsoptimisten das Licht ausgeknipst.

SaturnCupidoKleintransitebvb

(1. Saturn stutzt Cupido die Flügel.    2. innen: BVB, außen: Transite 23.11.17)

Was will Saturn prüfen, wenn er sich schwarz-wie-er-ist vor die leuchtend-gelbe Sonne stellt? Welche im BVB-Horoskop in dem Bereich steht, der Spiel- und Lebensfreude bedeutet! Wer im Dunkeln tappt und immer noch grundoptimistisch glaubt, dass das nächste Spiel die Wende bringt, muss sich von Saturn fragen lassen, ob das seinem Herzen (Sonne) gut tut. Saturn (im Schützen!) will wissen, ob eine andere Struktur nicht mehr Sinn machen würde.

Astrologengelaber, Allerweltsweisheiten????

Sehen wir uns doch mal das BVB-Jahr 1988 an. Saturn braucht 29 – 30 Jahre für eine Runde durch den Tierkreis, war also anno 88 letztmalig an genau dem Punkt, den er nun einnimmt.

Ein paar Zitate aus dem fanzine „Schwatzgelb“ über diese Saison: „Aber nur eine Woche später zerbrach in Dortmund die heile Welt. Denn BVB-Trainer Saftig erklärte am Tag der Abfahrt zum Trainingslager Erbismühle im Taunus seinen sofortigen Rücktritt. Hintergrund: Der Vereinsvorstand legte gegen Saftigs Absicht, Kapitän Michael Zorc statt Frank Mill als Kapitän zu berufen, sein Veto ein. (…)Der Bundesligaauftakt ging wie schon so häufig daneben. (…)Denn auch eine Woche später mussten die Borussen weiter auf den ersten Sieg in der Liga warten. Beim 1-1 im Heimspielgegen den 1. FC Kaiserslautern blieb die 1-0 Führung durch Andy Möller bis zur 90. Minute bestehen, bevor Schupp den Ausgleich erzielte. Vor dem nächsten Ligaspiel bei Bayer Leverkusen hatte der Ballspielverein ein Freundschaftsspiel bei FC Twente Enschede vereinbart, was 1-1 endete. Ohne Frank Mill, der eine Leistenverletzung hatte, traten die Borussen im Haberlandstadion an, doch sie waren bei der 0-2-Niederlage in Leverkusen chancenlos. Die Dortmunder konnten sich bei Torhüter de Beer bedanken, dass sie nicht höher verloren hatten. Auch beim nächsten Heimspiel am 27. August gegen den Namensvetter aus Gladbach mussten die Dortmunder erneut ein 0-0 hinnehmen.

Das geht endlos so weiter – lest selbst: http://www.schwatzgelb.de/2014-07-21-saisonrueckblick-8889

Man erreichte in der Saison 88/89 in der Bundesliga übrigens Platz 7, errang jedoch den Pokalsieg.

Auch wenn er in der klassischen Astrologie gern als Übeltäter betrachtet wird, hat Saturn in erster Linie eine stabilisierende Funktion. Er ist der Durchhalter, der noch Puste hat, wenn andere längst am Tropf hängen. Damals wie heute hielt das zweifelhafte Vergnügen des Saturn-Transits über die Sonne ein ganzes Jahr an, was der sog. Rückläufigkeit des Planeten mit den Rasselringen zu danken ist. Solche Wiederholungstransite haben jedoch etwas höchst Spannendes: beim dritten Mal schaut der Prüfer (Saturn) nach, was sein Delinquent (BVB) aus den heftigen Schubsern gelernt hat.

Tja, was hat der BVB gelernt? Sich einen Trainer zu holen, der mindestens ebenso in der Flaute steckt? Mir scheint, man hat das Horoskop Peter Stögers zu Rate gezogen und sich gesagt: Hossa, der passt zu uns wie Arsch auf Eimer!

bvb+stöger(innen: BVB, außen: Peter Stöger, 11.4.1966, Wien/ohne Uhrzeitangabe=high noon)

Denn: wenn die Nacht am tiefsten ist, ist der Tag am nächsten…

Ist Sprüchekloppen nicht Sache der Fans, derweil eine Astrologin gefälligst Prognosen vom Stapel lassen sollte? Bitteschön, könnt ihr haben:

Dem BVB steht durch das ganze Jahr 2018 ein weiterer Transit bevor, der nicht zwingend eitel Freude beschert. Pluto, der große Transformator, wird 2018 gleich drei Mal über die Position ziehen, auf der der rebellische, von Innovationsdrang getriebene Uranus im Geburtshoroskop des BVB steht. Jede Menge Veränderungen sind angesagt, wenn nicht gar eine Palastrevolution gegen Autoritäten. Es sollte mich wundern, wenn das vor März 2018 sichtbare Früchte trägt. Doch spätestens in einem Jahr sind wir mit der Rausschmeißerei erstmal durch.

Ich ahne, dass das nicht die Prognose ist, die man in den Nordstadtkneipen hören will. Geht’s nicht etwas genauer? – höre ich die Fans vom Borsigplatz bis zum Hafen maulen. Nee, meine Lieben, Glaskugelgucken ist nicht. Dafür müsst ihr in die Blödzeitungshoroskope schauen. Die seriöse Astrologie hingegen beschreibt – wie eingangs gesagt – Potentiale und Problemstellungen. Für die es immer mehr als eine Lösungsmöglichkeit gibt. Davon die Richtige auszuwählen, bleibt dem Horoskopeigner, also dem BVB, überlassen.

Aber: auch die Fans haben ihre Position im Horoskop, im Falle des BVB mitten im Wassermann, gleich bei der Venus, die schönen Fußball und eine noch schönere Südtribüne sehen will. Da sage ich doch: ab Ende Januar seid ihr mehr denn je gefragt und zwar als von der Sonne beleuchtete erfindungsreiche Freigeister!

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