Nicht erst seit Silvester haben Frauen und Schwule in Sachen Gleichberechtigung Fürsprecher, die mich teils grinsen, teils stutzen machen. Als Feministin der 70er möchte ich mir/uns glatt auf die Schulter klopfen und sagen:
„Jungs, euch haben wir in den letzten 40 Jahren aber gut hingekriegt.“
Wenn ich bedenke, dass wir damals gegen den heftigen Widerstand der Herren Studenten eine Bochumer Jura-Vorlesung blockierten, weil der Professor zum Thema Vergewaltigung und Opferkunde etwas von Miniröcken und „selbst-schuld“ salbaderte….
Heute hingegen treten AfD-Rechte und Konservative von CSU bis SPD öffentlich auf, um unsere Gleichberechtigung als deutsches Kulturgut zu verteidigen. Was diese Herren und Damen noch vorsichtig formulieren, wird am Stammtisch umso deutlicher: man stellt sich beim Biere vor, wie es einem „arabischen Hinterwäldler“ ergeht, wenn er freizügig gekleidete Frauen mit Bierpulle in der einen und Zichte in der anderen Hand sieht, die auch noch karnevalistische Küsskes rundum verteilen (um mal möglichst viele neudeutsche „Frauenrechte“ zusammenzufassen).
Fragt sich, woher, aus welchem Erfahrungsschatz unsere konservativen Frauenrechtler wohl wissen, wie es dem arabischen Hinterwäldler dabei ergeht? (die türkischen, persischen, afrikanischen, etcpp-Hinterwäldler sind jetzt und folgend mal mitgemeint). Eines ist jedenfalls klar: die Integration dieser Menschen wird unfassbar schwer – weshalb wir sie vielleicht doch besser gleich rausschmeißen???
Nee, der Spott blieb mir noch nie im Halse stecken und will auch jetzt wieder raus: echt schade, liebe deutschen Männer, dass wir in den 70ern nicht die Möglichkeit hatten, euch rauszuschmeißen. Regt euch ab, ich schlage ausgleichsweise vor, dass wir in den 2010ern nur flüchtende Frauen aufnehmen und schon lacht euer Herzken wieder – natürlich nur klammheimlich.
Etwas weniger spöttisch würde ich viele dieser selbsternannten Schwulenfreunde und Frauenrechtler gern fragen, wie GLEICH (oder fremd?) IHRE Frau, IHR Sohn ihnen sind. Dann würden wir in einem ernsten und intensiven Gespräch (also nicht in einer Talk-Show) möglicherweise dahinter kommen, dass es uns vielmehr um die Angst vor dem Fremden, vielleicht auch Angst vor dem Ver-Teilen als um das Thema Gleichberechtigung in Deutschland geht. Zum Beispiel haben Frauen in Talkshows doch nur gleiches Recht zu reden, wenn sie sich so rücksichtslos aufführen wie die feistesten Machos.
Wir kämen aber einen Riesenschritt weiter, wenn wir uns selbst eingestehen, was uns fremd ist und zum Fürchten erscheint. Es gibt ein ganzes Forschungsgebiet dafür – aber das nennen wir Xenophobie, damit bloß keiner kapiert, dass Angst vor Fremdem durchaus menschlich-alltäglich ist und man damit umgehen lernen kann und muss.
In den ersten Januartagen dieses Jahres hörte ich des öfteren noch, dass die massenhaften Übergriffe gegen Frauen in Köln, Hamburg, Dortmund, Bielefeld an Silvester organisiert gewesen sein müssen. Es muss wohl einer meiner naiven Anflüge gewesen sein, als ich dachte, man wolle versuchen, dem auf die Spur zu kommen. Stattdessen sind Medien und Politiker munter dem Thema des Kulturunterschieds verfallen, wobei die Frage, wovor Flüchtlingsfrauen und arabische Hinterwäldlerinnen sich fürchten, fast nie gestellt wird (bestimmt nicht vor deutschen Männern, die sind ja für Gleichberechtigung).
Ich denke heute noch, was mir zu Neujahr einfiel und drösele das jetzt mal auf:
wenn ich ein IS-Obermufti wäre, würde es mir gewaltig stinken, dass a) so viele Menschen aus meinem Machtbereich nach Deutschland flüchten und b) einige Deutsche ihnen auch noch entgegenkommen. Da die IS-Obermuftis nicht unter geistiger Minderbegabung leiden, braucht es nur ein wenig Beobachtung der deutschen Szenerie, um die ohnehin vorhandene Zwietracht ordentlich anzuheizen. Die Botschaft, dass Männer sich in Europa locker an Frauen vergreifen dürfen, freut schließlich nicht nur Herz und Hose der Salafisten. Auf den Zug springt auch der arabische Hinterwäldler nur zu gern auf. Denn darauf, dass auch der klügste Mann mal mit dem Schwanz denkt, kann man ganze Marmorpaläste bauen.
Glauben wir ernsthaft, dass Hunderte von Männern in verschiedenen Städten rein zufällig + gleichzeitig auf diese widerliche Idee gekommen sind?
Ich betrachte das als ATTENTAT und wäre ich ein IS-Obermufti würde ich einen Teufel tun, aber gewiss kein Bekennerschreiben vom Stapel lassen. Ohne ein solches kriege ich die dusseligen Deutschen doch genau dahin, wo ich sie haben will (und wo sie jetzt sind):
in Angst vor, Misstrauen gegen und Ablehnung der vielen Flüchtlinge. In die Frage, ob Integration bei so großer kultureller Unterschiedlichkeit (har har: insbes. bei Männern?) überhaupt möglich ist. Fällt uns nicht auf einmal sogar auf, dass uns seit etwa 1960 die Integration von Einwanderinnen nicht gelungen ist? Gnade, die tragen immer noch und jetzt erst Recht Kopftücher und haben hier mit ihren eigenen Läden + Koranschulen + Moscheen längst eine beängstigende Parallelgesellschaft aufgemacht – in die die wenigsten von uns sich je mal neugierig getraut haben.
Als IS-Obermufti oder sonstiger Salafist würde ich mich jeden Abend auf meinen Diwan flezen und voller Genuss europäische Talkshows gucken. Stammtischgelaber würde mich bestimmt noch mehr ergötzen und auf jede Pegida-Demo wird ein Fass aufgemacht.
Aaah, wie geht dem Obermufti das Herz auf, wenn sie in diesen Shows beim Wort Integration gebetsmühlenartig „Sprachkompetenz, Frauen, Schwule und Schulpflicht“ brabbeln – ohne den leisesten Hinweis, wie das praktisch zu bewerkstelligen sein soll. Da kann der Obermufti doch gelassen auf die Wirtschaft und ihre Regierung vertrauen. Wer soll denn das Geld dafür geben? Es reichte doch schon vorher nicht mal, um Hartz IV anständig zu erhöhen oder Schulen zu renovieren.
Es landete doch schon vorher da, wo es hingehört: auf dem größten Haufen.
Und für die, die sowieso kaum Geld haben, gilt auch nach diesem Attentat das alte Motto:
Lass Not gegen Elend antreten. Klappt immer!
Denn notfalls wird sogar der verarmte deutsche Zuhälter auf seine Art dem arabischen Hinterwäldler die Gleichberechtigung erklären…